Nicaragua gehört zu den ärmsten Ländern Lateinamerikas (es ist das zweitärmstes Land Lateinamerikas nach Haiti) und gilt als Entwicklungsland.
50 % der Bevölkerung leben in Armut, auf dem Land sind es sogar bis zu 70 %.
Einer von fünf Nicaraguanern lebt im Ausland, die meisten in den USA, Costa Rica und Honduras.
Seit 2006 wird das Land vom umstrittenen Diktator Jose Daniel Ortega mit harter Hand regiert.
Es gibt nur eingeschränkt Rede- und Pressefreiheit, es kommt zur indirekten Zensur.
Durch behördlich angeordnete Materialverknappung erscheinen kaum noch gedruckte Zeitungen im Land.
Korruption ist ein auch hier großes Problem.
2018 wollte Ortega die Sozialleistungen kürzen. Daraufhin kam es im ganzen Land zu gewalttätigen Demonstrationen mit hunderten von getöteten Menschen.
Seit 2021 müssen sich Unternehmen und Personen, inklusive Korrespondenten, die Geld aus dem Ausland erhalten, beim Innenministerium als „ausländische Agenten“ registrieren.
Touristen dürfen zwar in dieses atemberaubend schöne Land, mit seinen 19 (!) Vulkanen und unzähligen Seen einreisen, müssen sich aber sieben Tage vorher online „anmelden“, damit die Behörden Zeit haben, deren Background zu durchleuchten.
Drohnen sind verboten. Kameras, Laptops und Computer müssen angemeldet werden.
Das waren ja tolle Bedingungen…
Da wir El Salvador recht spontan verlassen hatten, war uns keine Zeit für diese online Registrierung geblieben (wir hatten ehrlicherweise auch keine Lust dazu).
Von anderen hatten wir zum Glück gehört, dass man durchaus auch ohne vorherige Anmeldung einreisen kann, es dauert dann nur länger.
Die Ausreise aus Honduras verlief problemlos und relativ schnell. Was aufhält ist ja immer der temporäre Export, bzw. Import des Unimog.
Dann kamen wir zur nicaraguanischen Grenze, um die sich viele Geschichten ranken.
Erstaunlich schnell kamen wir dran, nachdem wir bei einer Gesundheitskontrolle vorher nur unsere Impfpässe vorzeigen mussten.
Am Einreiseschalter hatten wir nur wenige Fragen zu beantworten – woher wir kamen, was unsere Ziele sind, wie lange wir im Land bleiben wollen und was wir beruflich machen. Keine Fragen zu Drohnen, Kameras oder Computer...
Dann erfolgte unser Background check und nach gut 20 Minuten Wartezeit hatten wir unseren Einreisestempel von Nicaragua im Pass!
Damit hatten wir nicht gerechnet, dass das so einfach und relativ zügig von statten ging.
Dann mussten wir zur ersten Kasse, die Desinfektion des Fahrzeugs bezahlen.
Der Export des Unimog aus Honduras wurde kontrolliert und der Importstress begann.
Als erstes mussten wir eine Zollerklärung ausfüllen.
Dann hatte eine Polizistin, die wir nur schwer von ihrem Handy loseisen konnten, sich den Unimog von außen angeguckt. Sie entschied, warum auch immer, dass wir durch den Scanner müssten.
Und dann begann das Warten.
Drei Stunden (!) warteten wir bei über 30 Grad auf das Scann Ergebnis.
Gesagt hatte man uns, dass es ca. 20 Minuten dauern würde…
Wir trafen irgendwann die Belgier Jeremy und Manon (Olaf-and-his-gang auf Instagram) wieder, die wir bereits in Guatemala kennengelernt hatten, die ebenfalls durch den Scanner mussten und ebenfalls warteten.
Wir verabredeten uns für eine erste gemeinsame Nacht an einem Stellplatz, wenige Kilometer hinter der Grenze.
Gefunden hatte die Polizei letztendlich natürlich nichts - ein Beamter wollte unbedingt noch ins Fahrzeug schauen – keine Ahnung, was er zu finden erwartet hatte, oder einfach nur neugierig war.
Dann gab es endlich die ersehnten Stempel, wir bezahlten die Einfuhr und eine Fahrzeugversicherung und dann ging es endlich los.
Das war kein guter Anfang für Nicaragua!
Unser erstes Ziel war die regionale Hauptstadt Leon.
Über einfache, schlechte Landstraßen fuhren wir an Zuckerrohrfeldern und den ersten Vulkanen vorbei.
Auch hier waren auffällig wenig PKWs unterwegs. Dafür umso mehr Pferde- und Rinderfuhrwerke, Tuktukfahrer, Radfahrer und Reiter. Selbst Motorräder sahen wir eher selten im Straßenbild Nicaraguas.
In Leon wollten wir uns wieder zu unserer Sicherheit mit den „Olafs“ treffen und gemeinsam an einer Tankstelle zentrumsnah übernachten.
Die alte Stadt mit ihren verfallenden Kolonialbauten und unfassbar schönen Kirchen ist und war die Wiege der Sandinisten.
In den 1970zigern starben hier während des Revolutionskrieges ca. 50.000 Menschen und 150.000 waren obdachlos geworden.
Die Stadt ist nun voll mit unzähligen, beeindruckenden Wandbildern und Denkmälern, die an die Helden dieser Revolution erinnern.
Die größte Kathedrale Zentralamerikas, die Catedral de Leon, ist die Bischofskirche des ehemaligen Bistums Leon, das einstmals von Honduras über Nicaragua bis nach Panama reichte. 2011 wurde sie in die Liste der Welterbestätten aufgenommen.
Man kann ihr barfuß "auf das Dach steigen", was wir natürlich sofort gemacht haben.
Von dort oben hatten wir eine grandiose Aussicht auf die unter uns liegende Stadt und am Horizont waren mindestens drei Vulkane zu sehen.
Auch zwischen den Kuppeln der Kirche umher zu wandern, war ein ganz besonderer Genuss.
Leider zog am Himmel ein schweres Gewitter auf und wir sahen lieber zu, noch trocken zum Unimog zurück zu kehren.
Wir fuhren am nächsten Tag weiter an die nahegelegene Pazifikküste.
Dort hielten wir es aber nur eine Nacht aus. Es war einfach zu heiß und zu feucht.
Unsere „Reisegruppe“, bestehend aus den Olafs, Mel und ihrem Hund Murphy und den Franzosen Camille und Maxime (die hatten wir in Antigua, Guatemala kennengelernt) war unterdessen zum jüngsten Vulkan Nicaraguas, dem Cerro Negro weitergefahren.
Dort kann man auf Sandbords den schwarzen Sand den Abhang runter rodeln.
Das wollten wir uns eigentlich ersparen, aber der „Gruppenzwang“ ließ uns doch hinterherfahren (vor allem war es in der Höhe nachts auch schön kühl…).
Vor Ort hatten wir uns dann ganz spontan zwei Bords gemietet und ich fragte mich beim Anblick der Rodler, ob das so klug von uns war.
Wir warteten bis zum Sonnenuntergang mit dem Aufstieg auf knapp 730 m Höhe, bis alle anderen Tagesgäste abgefahren waren und wir den Vulkan ganz für uns alleine hatten.
Leider war die Luft ziemlich diesig und der Ausblick in die Ferne nicht so weit, wie erhofft.
Dann standen wir schließlich oben, zogen uns unsere Overalls und Handschuhe an, Schutzbrille und Mundschutz auf und zumindest ein paar von uns (ich inklusive) hatten ein mulmiges Gefühl.
Aber am Ende war es gar nicht so schlimm, wie es von unten ausgesehen hatte.
Das Tempo hielt sich in Grenzen – streckenweise hing ich sogar fest und am Ende, unten angekommen, hatte ich das Gesicht und die Haare voll mit schwarzem Staub und Sand. Selbst im Mund knirschte der feine Lava Sand zwischen den Zähnen.
Aber die Nacht war herrlich kühl und sehr ruhig und obendrein gab es doch noch einen wunderschönen Sternenhimmel.
Nach diesem Abenteuer sind wir alle gemeinsam zum Managua See weiter gefahren.
Dort gab es einen wunderschönen, großen Stellplatz direkt am See.
Wir teilten uns das Seeufer mit Blick auf drei Vulkane (einer rauchte die ganze Zeit) mit Pferden, Kühen und Ziegen, die hier tagsüber zum Grasen hergebracht wurden.
Wir hatten drei entspannte Tage mit Rummykub spielen und lesen.
Wir gingen allerdings nicht ins Wasser, nachdem uns Fischer gesagt hatten, es gäbe Kaimane im See.
Danach wollten wir uns alle am Masaya Vulkan wieder treffen, aber vorher noch in der Hauptstadt Managua unterschiedliche Geschäfte anfahren und unsere Vorräte aufstocken (getroffen haben wir uns fast alle beim riesigen Walmart, der beinahe genauso gut bestückt war, wie die Geschäfte in den USA und Mexiko).
Dieser aktive Vulkan darf nur mit dem Auto besucht werden, um im Falle eines Ausbruchs schnell flüchten zu können.
Man hatte hier die Möglichkeit in den Krater hinein zu gucken und unten flüssige, rot glühende Lava zu sehen.
Allerdings musste hierzu das Wetter gut sein.
Bei Regen wird man nämlich einfach des Parkes verwiesen, ohne dass es das Eintrittsgeld zurückgäbe.
Es entstehen scheinbar giftige Dämpfe, wenn Regenwasser auf die flüssige Lava trifft.
Als wir schließlich nacheinander an dem Nationalpark ankamen, regnete es leider.
Wir überlegten hin und her, ob wir reinfahren sollen oder nicht und entschieden uns schließlich, kein Risiko einzugehen.
Wir verließen den Park und fuhren mit Einbruch der Dunkelheit so schnell es die holprigen und engen Straßen zuließen zur Lagune Apoyo – diese wollten wir eigentlich erst nach dem Besuch des Vulkans ansteuern.
Diese 200 m tiefe Lagune ist ein 200 Jahre alter Kratersee mit dem angeblich saubersten Wasser des Landes.
Die erste Nacht hatten wir im Dunkeln keinen guten Platz mehr gefunden, aber die nächsten drei Nächte standen wir direkt am schönen Seeufer.
Der Kraterrand ist mit üppigem Wald zugewuchert, in dessen Baumwipfeln Brüllaffenherden leben.
Glücklicherweise hatten wir die lauten Affen nicht in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, sondern hörten ihr lautes, urtümliches Gebrüll nur aus weiterer Entfernung (sonst wäre an schlafen nicht zu denken gewesen).
Hier vergingen die nächsten Tage mit schwimmen, Rummykub spielen, wandern und Kajak fahren – Maxime und Camille hatten zwei Boote dabei, die wir alle einmal ausprobieren durften:
Dann gab es endlich eine gute Wetterprognose für den Masaya Vulkan (wir hatten abends fast immer Gewitter) und wir bekamen die Gelegenheit in den „Höllenschlund“ zu blicken.
Solange es noch hell war, sahen wir nur gewaltige Mengen Dampf aus dem Krater aufsteigen.
Aber sobald es dunkel geworden war, leuchtet die Lava tief unten feuerrot.
Das war schon ein sehr beeindruckendes Naturschauspiel.
Nach einer Nacht am Parkeingang (den Park selbst muss man über Nacht verlassen) fuhren die Olafs und wir nach Granada, während Mel zum Surfen an den Pazifik fuhr.
Von Maxime und Camille hatten wir uns bereits an der Lagune verabschiedet, da sie weniger Zeit und sich schon auf den Weg nach Costa Rica gemacht hatten.
Granada ist die älteste und fotogenste Stadt Nicaraguas und liegt am Ufer des großen Nicaragua See.
Wir hatten allerdings als erstes eine Wäscherei angefahren und einen riesigen Berg Wäsche abgegeben, bevor wir uns um die Schönheiten der Stadt kümmern konnten.
Wir schlenderten in Ruhe durch die zahlreichen Gassen und bewunderten die bunten Häuser und Kirchen.
Später gingen wir runter ans Seeufer, wo die Nicaraguaner picknickten und Baseball spielten
.
Außerdem war in der Stadt zufällig Markttag.
Neben Kleidung, Haushaltswaren und Lebensmittel, konnte man sich von Nähern seine Kleidung flicken lassen, oder etwas schweißen lassen.
Insgesamt waren allerdings die Gerüche und der Anblick des Mülls, in dem magere Hunde noch nach etwas verwertbarem suchten, grenzwertig und wir sahen zu, dass wir zügig weiterkamen.
Die Nacht über standen wir hintereinander geparkt in einer vermeintlich ruhigen Seitenstraße – es war stickig heiß und unglaublich laut. Wir taten so gut wie kein Auge zu.
Trotzdem holten wir in aller Frühe unsere frisch gewaschene und zusammen gelegte Wäsche ab und fuhren weiter Richtung Süden.
Unser nächstes Ziel war die Insel Ometepe im Nicaragua See, während die Olafs noch zu einem weiteren Vulkan wollten.
Ein Kollege hatte mir schon vor langer Zeit von der Insel vorgeschwärmt (Danke nochmal an Flo) und auch die Azteken glaubten, sie hätten das gelobte Land gefunden.
Noch üppiger grün und fruchtbar, dank der vulkanischen Erde und fast kein Müll an den Straßenrändern (!) – wir fühlten uns wie im Paradies angekommen, als wir die ersten Kilometer nach der Fährfahrt zurück gelegt hatten.
Überall wucherten Mangobäume, dick voll mit Früchten, Bananen, Papayas, Palmen in allen Variationen, rot blühende Bäume und, und, und.
Es gab nur eine kleine Straße, die sich um die zwei Vulkane der Insel wand und kaum Verkehr.
Hier und da mal ein Reiter, Kühe, Hühner, viele Schweine, einige Mopeds, die oft von Touristen gefahren wurden und Taxen.
Wir genossen die Insel und den Blick auf den Vulkan Concepcion, der sich oft geheimnisvoll mit Wolken verhüllte, vier Tage lang.
An einem Tag hatten wir uns einen Scooter gemietet, um zu einem Wasserfall zu fahren und sind dabei mal wieder pitschenass geworden, da uns ein Gewitter mitten im Dschungel überrascht hatte.
Am darauffolgenden Tag sind wir mit einem Zweierkajak in ein Fluss Delta gepaddelt und haben zwischen Mangroven, riesigen uralten Bäumen und Sumpf- und Schlingpflanzen diverse Vogelarten, zwei Kaimane und eine Schildkröte gesehen.
Die anderen Tage haben wir gefaulenzt und gebadet.
Schweren Herzens haben wir schließlich diese wunderschöne Insel wieder verlassen, aber wir hatten uns mit Mel und den Olafs am Pazifik verabredet, da Mel Geburtstag hatte und den wollten wir zusammen verbringen.
Wir waren die Ersten, die am verabredeten Strand angekommen waren und hatten direkt über uns in den Bäumen Brüllaffen entdeckt.
Diese Affen brüllen wirklich so laut, dass an schlafen nicht zu denken wäre. Glücklicherweise verzogen sie sich aber am Abend.
Nach und nach trudelten die anderen ein und wir verbrachten entspannte Tage am Strand.
Uli und die Olafs hatten sich Surfboards geliehen und Mel, Benji und Martin (ein Tscheche, den wir bereits in El Salvador kennen gelernt hatten) gaben ihr Bestes, die Drei in das Geheimnis des Wellenreitens einzuweihen.
Sie machten ihre Sache gar nicht mal so schlecht, aber nach einem bzw. zwei Tagen tat den Neusurfern alles weh, so dass weitere Lektionen bis auf Weiteres verschoben wurden.
Dann trennten sich mal wieder unsere Wege.
Die Olafs fuhren zurück nach Mexiko, um von dort ihren „Olaf“ nach Kolumbien zu verschiffen – von Panama aus ist es teurer, als von Deutschland nach Kanada, aber das ist eine andere Geschichte…
Mel, Benji, Martin und wir hatten als nächstes Costa Rica als Ziel.
Wir wollten uns aber noch eine Stadt angucken, Mel, Benji & Martin wollten noch einen anderen Surfspot ausprobieren, sodass wir bereits einen Tag früher als die drei Nicaragua verlassen hatten.
Die Ausreise aus Nicaragua war allerdings noch langwieriger und lästiger, als die Einreise.
Eine Zollbeamtin kontrollierte unsere Einfuhrerklärung und bemängelte, dass wir unsere Fahrräder nicht separat angegeben hätten.
Bei der Einreise war das niemandem aufgefallen.
Diese Trulla wollte jetzt tatsächlich 15 US $ Transitgebühren von uns.
Wir diskutierten hin und her, hatten dann keine 15 Dollar passend, Rückgeld gabs aber nur in Nicaraguanischer Währung.
Es war zum Mäusemelken ☹
Und dann schickte sie uns doch tatsächlich durch den Scanner. Bei der Ausreise! Kann man das Verstehen??
Nach geschlagenen vier Stunden (!) hatten wir alle Stempel beisammen und konnten dann endlich dieses Land verlassen.

Mel hatte übrigens am nächsten Tag sechs Stunden gebraucht, warum?
Keine Ahnung, sie musste nicht mal durch den Scanner...
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