Allmählich nähert sich unsere Zeit in Kanada dem Ende entgegen und wir werden richtig wehmütig, wenn wir darüber nachdenken.
Dieses riesige, weite Land ist so wunderwunderschön und so unterschiedlich – vom Atlantik über die großen Seen zur Prärie, von den Rockie Mountains zu den menschenleeren Weiten des Arktischen Ozean und von dort in die Gletscherwelt des Pazifiks mit seinen Regenwäldern – wir sind einfach nur begeistert und haben uns in dieses Land mit seinen überaus freundlichen Menschen verliebt.
Vor einiger Zeit saßen wir mit Judith & Arthur von Yodatravels zusammen und Arthur machte Vergleiche, um die Dimensionen zu veranschaulichen, die wir in diesem halben Jahr bisher zurückgelegt haben.
Einmal quer durch Kanada mit den „Abstechern“ Grasland & Demster Highway ist ähnlich weit wie die Strecke Deutschland Pakistan...
Die letzten Wochen sind wir von Alaska nach Vancouver Island gefahren – das ist ungefähr die Strecke Berlin Bagdad. Und die fährt man auch nicht alle Tage…
Aber der Reihe nach:
Von Tok ging es mit frisch gewaschener Wäsche, vollem Wasser- und Dieseltank auf dem Alaska Highway wieder zurück nach Kanada.
Der Highway war auf diesem Teilstück, Richtung Whitehorse, in einem miserablem Zustand. Unzählige, tiefe Schlaglöcher machten die Fahrt zu einer mühsamen Slalomfahrt.
Der Grenzübertritt in Beaver Creek, Yukon, war in weniger als fünf Minuten erledigt und Kanada begrüßte uns mit einer Bärin und ihren drei Jungen, kurz vorm Ortseingang. Nachdem die Vier im Wald abgetaucht waren, gings für uns Richtung Haines Junction, immer auf der Höhe des Kluane Nationalparks mit seinen unzähligen Gletschern, Seen, Flüssen und hohen Bergen.
In Haines Junction mussten wir ein paar Stunden im Visitor Center ausharren, da draußen Dauerregen und Sturm tobte – wir hätten sonst aber nicht die tollen Aussichten danach genießen können und hätten Ellen & Karl-Heinz aus der Nähe von Starnberg nicht kennengelernt.
Nach einer weiteren Nacht im Nirgendwo ging es 240 km auf dem Haines Highway mal wieder durch die traumhaft schöne Landschaft Yukons und ab dem Chilkat Pass British Columbias.
Ein Bergpanorama wechselte sich mit dem nächsten Gletscher ab.
Wir hätten nach jeder Kurve stehen bleiben, gucken und genießen können.
Aber Haines und damit ein weiterer Grenzübertritt nach Alaska warteten auf uns.
Haines mit seinen nicht mal 2.000 Einwohnern lag verschlafen am Pazifik und wurde von schneebedeckten Bergen, Gletschern und einer unberührten Natur eingerahmt.
Sehenswert sind die Reste eines alten Forts und die kleine Hafenfront.
Leben und Trubel kommen iimer nur dann auf, wenn die Passagiere eines Kreuzfahrtschiffes den kleinen Ort stürmen.
Als wir ankamen, lagen zwei Schiffe im kleinen Hafen. Aber da viele der Kreuzfahrer auf „Landausflügen“ unterwegs waren, waren die „Menschenmassen“ noch gut zu ertragen.
Als beide Schiffe abends ablegten, war Haines fast wie ausgestorben.
Da das Wetter super war, sonnig und schön warm, machten wir am nächsten Tag eine herrliche Wanderung auf dem Mount Riley Trail.
Zwei Stunden dauerte der Aufstieg. Zunächst ging es durch dichten Wald, in dem Farne und Pflanzen mit riesigen Blättern und mehr als 50 verschiedenste Pilzsorten in allen erdenklichen Farben wuchsen.
Wir waren mal wieder total überrascht, wie vielfältig Alaska ist und hätten diesen grünen Urwald eher in Neuseeland oder gar auf Hawaii erwartet.
Oben auf dem Gipfel bot sich uns ein fantastischer Ausblick.
Links der Fjord Chilkat Inlet, rechts der Lynn Canal, dazwischen und rund herum schneebedeckte Berge und Gletscher, einfach der Hammer!
Was noch fehlte, war der Blick auf Lachs fangende Grizzlys, was jeden Haines Besuch abrundete.
An der Lachszählstation werden die Lachse durch Gitter aufgehalten und für die Statistik gezählt. Solange der Zähler, ausgestattet mit einem Gewehr auf seinem Stuhl saß, kam kein Bär zum fischen. Aber sobald der Stuhl leer war, kamen in der Regel mehrere Grizzlies auf die Brücke und angeln sich die Lachse, die in den Gittern hängen geblieben sind.
Wir mussten lange warten und es war schon fast zu dunkel, als ein einziger Grizzly auftauchte und sich ein paar Lachse angelte. Am Abend davor sollen es elf gewesen sein…
Wir nahmen nach 23.00 Uhr zusammen mit den Starnbergern die Nachtfähre nach Skagway, ein weiterer Hafenort, der wie Haines auch, zu Goldrauschzeiten seine Blütezeit hatte, mit 10.000 Einwohnern und der entsprechenden Infrastruktur.
Heute lebten hier nur noch 900 Menschen und die meisten davon von den Kreuzfahrtschiffen.
Als wir morgens im Hafen wach wurden, lagen drei dieser riesigen Ungetüme im Hafen und entsprechend viele Menschen waren auf dem Broadway unterwegs.
Die Stadt selber war wunderbar restauriert - die meisten Gebäude stehen als Bestandteil des Klondike Gold Rush National Historisch Parks unter Denkmalschutz.
Aber es reihen sich ein kitschiger und überteuerter Souvenirladen an den nächsten und dazwischen erstaunlich viele Juweliere. Die Kreuzfahrer scheinen „spendierfreudig“ zu sein.
Wir nahmen Reißaus und fuhren nach Dyea, westlich von Skagway.
Am Taiya River fanden wir einen einsamen Stellplatz, mit Strand, den Blick auf schneebedeckte Berge und einer Feuerstelle für die abendlichen Marshmellows.
Auf dem 160 km langen Klondike Highway ging es am nächsten Tag über den White Pass (873 m) wieder zurück nach Kanada, dem nordwestlichsten Zipfel British Columbias.
Landschaftlich war auch diese Strecke wieder ein Traum aus Gletschern, schneebedeckten Bergen, Wasserfällen, türkisfarbenen Seen und reißenden Flüssen.
In dem winzigen Örtchen Carcross, befindet sich die angeblich kleinste Wüste der Welt. Da das aber nicht mehr als ein paar Dünen zu sein scheinen, sind wir ohne einen Besuch weitergefahren.
Wieder zurück auf dem Alaska Highway fuhren wir noch einen 95 km Abstecher nach Atlin am Atlin Lake, der größte natürliche See British Columbias.
Atlin ist, wie soll es anders sein, 1898 während des Goldrausches entstanden und auch heute versuchen noch etliche Glücksritter in der Umgebung ihr Glück und graben die Landschaft von links nach rechts.
In Atlin selbst leben heute Künstler, Musiker und Fotografen eine Art laid-back Lebensstil, verwalten sich selbst in Eigenregie ganz ohne Bürgermeister und sonstigen Institutionen.
Um den großen See herum erheben sich schneebedeckte Berge, Vulkane und Gletscher.
Wir fanden direkt am See, in der Nähe einer warmen Quelle einen herrlichen Stellplatz und blieben direkt drei Nächte dort stehen.
Nach einem Bad in dem warmen Tümpel, mehr war es nicht, machten wir nichts anderes als lesen, ein bisschen Sport, auf den See gucken - und Uli kam endlich mal wieder dazu, ausgiebig Gitarre zu spielen.
Das war wie Urlaub von der Reise und total entspannend.
Unser nächstes „Abenteuer“ hieß Cassiar Highway.
Der geht kurz vor Watson Lake vom Alaska Highway ab, und führt 724 km südwärts durch absolute Einsamkeit und wunderschöne, wilde Landschaft.
Größere Ortschaften sucht man vergeblich, es gibt lediglich weniger als eine Handvoll Siedlungen von First Nations, aber ohne jeglichen Service oder gar Handyempfang.
Das ist ungefähr die Strecke Kranzberg/München nach Bremen - nur ohne Menschen und Zivilisation...
Hier und da gibt es Lodges und auch Campingplätze, aber wir fanden zwei „wilde“ Stellplätze direkt an Seen oder ganz oben auf einem Bergrücken.
Unterwegs trafen wir die Schweizer Andy & Monika wieder und reisten zusammen weiter nach Stewart und Hyder in Alaska.
Das Wetter war mal wieder mehr als bescheiden und auf unserer letzten Etappe sahen wir leider nicht mehr, als wolkenverhangene Berge, die wir mehr erahnten, als sahen.
Was sehr, sehr schade war, da wir an unzähligen Wasserfällen und Gletschern vorbeikamen.
Der Beargletscher guckte so gerade mal aus der Wolkendecke hervor und das auch nur, weil seine Gletscherzunge bis fast an die Straße reichte.
Stewart hat so schon nicht viel zu bieten, aber bei strömendem Regen ist es besonders trist, so dass wir erstmal wieder Wäsche gewaschen haben.
Nach einem leckeren und lustigen Abend beim örtlichen Mexikaner ging es am nächsten morgen nach Hyder rüber, das wieder in Alaska liegt.
Da man von Hyder aus, keinen weiteren amerikanischen Boden erreichen kann, fällt die Grenzkontrolle bei den Amerikanern weg.
Der Ort, der nicht mehr als eine Geisterstadt ist, ist nur deshalb so interessant, weil im Fish Creek die Lachse laichen.
Und spätestens hier sollte man Grizzlys zu Gesicht bekommen, die Lachse fangen.
Und tatsächlich, als wir an dem Beobachtungssteg ankamen, war ein einziger Grizzly am Lachse angeln, die dort zu hunderten in dem flachen Bach laichten und starben.
Einer!
Aber den konnten wir dafür fast zwei Stunden ausgiebig beobachten – immerhin!
Ein weiteres Highlight dieser Strecke liegt dann schon wieder auf kanadischem Boden.
Über eine holprige, mit unzähligen, tiefen Schlaglöchern übersäte Sandpiste geht es in vielen Serpentinen hoch zum Salmongletscher.
Auf dem Weg dorthin sind wir aus dem Staunen fast nicht rausgekommen, so wunderschön und wild ist auch hier die Berg- und Gletscherwelt.
In dieser Gegend wird aber noch professionell Gold, Silber und Kupfer in großen Minen abgebaut und die Spuren waren leider auch sichtbar. Ob da so fern jeglicher Zivilisation auch der Umweltschutz immer eingehalten wird? Die Farbe von manchem See oder Bassin war doch mehr als unnatürlich…
Aber sobald man auf die Gletscherzunge des Salmongletschers zufährt, geraten diese Gedanken sofort in den Hintergrund.
Die Größe und Schönheit dieses Naturwunders verschlägt einem fast die Sprache!
Die wirkliche Größe des Gletschers kann man gar nicht richtig abschätzen, da man keine Vergleichsgrößen in der Nähe hat.
Nachdem wir mit den Schweizern die Straße ganz bis zum Ende durch gefahren sind, vorbei an Tunneleingängen, seltsamen Minengebäuden und Verbotsschildern, die von den Minenarbeitern willkürlich aufgestellt worden waren, haben wir noch den Blick auf mindestens 10 weitere Gletscher werfen dürfen.
Wir haben auf einer kleinen Wanderung noch versucht ganz an den Gletscher heran zu kommen, aber die Kletterei wurde uns am Ende doch zu heikel und so haben wir den Blick von fast ganz nah dran lange genossen.
Auf der Rückfahrt hatten wir dann einen Platz zum Übernachten direkt gegenüber der Gletscherzunge gefunden.
Leider kamen bereits wieder bedrohlich dunkle Wolken heran, die uns einen Sonnenuntergang über dem Gletscher vermiesten. Aber die Aussicht war trotzdem sensationell.
Wir zählten 12 Gletscher, bzw. Gletscherreste aus unserem Fenster – Uli hatte beim Kochen mit Aussicht nicht nur Augen für das Gemüse...
Andy hatte am nächsten Morgen nochmal „im Kreis“ nachgezählt und kam auf 20 Gletscher rundherum.
Der Salmongletscher ist übrigens das Zweitgrößte Eisfeld Kanadas.
Wieder zurück Richtung Hyder / Stewart kamen wir nochmals am Fishcreek vorbei und unser Stopp wurde wieder mit der Beobachtung eines Grizzlys belohnt – mehr sind uns einfach nicht vergönnt 😊
Die Einreise nach Kanada verlief wieder völlig unproblematisch, da wir alle Fragen nach Waffen, Drogen und Alkohol mit Nein beantworten konnten. Diesmal haben wir sogar einen Einreisestempel in den Pass bekommen, aber nur, weil ich darum gebeten hatte.
Stewart hat uns genauso verabschiedet, wie es uns begrüßt hat, nämlich mit Dauerregen.
Den Beargletscher und die restliche Bergwelt drum herum waren also wieder nur durch einen Wolkenschleier mehr zu erahnen, als zu sehen.
Dafür tauchte am Straßenrand ein kleiner Grizzly auf, um uns zu verabschieden 😍
Voll getankt ging es jetzt weiter Richtung Prince Rupert.
Nicht auf dem direkten Weg, dafür hatten wir noch zu viel Zeit, denn unsere Fähre nach Vancouver Island ging erst ein paar Tage später.
Wir fuhren eine einsame Forststraße, ausgelegt nur für 4 x 4 Fahrzeuge. Wir fanden sie aber eher langweilig, als spektakulär und hatten schon schlimmere Pisten erlebt.
Dafür kamen wir durch den "Lava Bed Corridor" im Nisga'a First Nation Gebiet.
Hier ist vor ca. 250 Jahren ein Vulkan förmlich explodiert. Mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit ist heiße Lava damals durch ein Flussbett zu Tal geschossen. Auf seinem Weg wurden drei Siedlungen begraben und 2.000 Menschen in den Tod gerissen.
In einem kleinen Visitorcenter wurde diese Tragödie eindrucksvoll dargestellt und von einem First Nation stolz präsentiert.
Weitere Abstecher führten nach Terrace und Kitimat, aber Dauerregen ließ uns die Ortschaften nicht erkunden und außerdem schlecht schlafen - das Geprassel auf dem Unimog war ohrenbetäubend.
In Terrace lernten wir Karen, eine Kanadierin, kennen. Sie fand unseren Unimog so toll und war tief beeindruckt, was wir so planten und lud uns spontan zu sich ein. Wenn wir in Vancouver wären, dürften wir bei ihr vor dem Haus parken..
Nach einer erholsamen Nacht in einem kleinen Skigebiet fuhren wir auf dem Yellohead Highway nach Prince Rupert.
Dies sollte landschaftlich eine der schönsten Strecken Kanadas sein - im Dauergrau und -regen konnten wir davon leider nur wenig sehen :(
Prince Rupert lag nur 50 km südlich des äußersten Südzipfels von Alaska und ist Kanadas regenreichste Stadt.
Hier regnet es doppelt so viel wie in Vancouver und die durchschnittlich 17 Stunden Bewölkung am Tag sind kanadischer Rekord.
Abgesehen davon ist Prince Rupert der einzige bedeutende Überseehafen in BC, da er die schnellste Route nach Asien ist.
Von hier nach Shanghai sind es „nur“ 4.642 Seemeilen, von Vancouver nach Shanghai immerhin schon 5.02 Seemeilen und von Los Angeles schon 5.810.
Wir übernachteten zusammen mit den Schweizern auf einem großen Parkplatz hinter einem Museum und wir konnten es kaum glauben, aber zum Abend hin hörte es auf zu regnen.
Das nutzten wir gleich für einen „Stadtbummel“ aus und entdeckten unter anderem neben unzähligen, bunten Totems viele Wandmalereien eines Künstlers, auf etlichen Gebäuden und Mauern in der Stadt.
So kann man auch Farbe in eine sonst eher trübe Stadt bringen.
Der nächste Tag war sogar sonnig, kaum zu glauben! Wir konnten einen kurzen Trail entlang der Küste laufen und dabei Delfine und Seehunde beobachten.
Die nächste Nacht verbrachten wir bereits im Fährterminal, weil am Morgen um 5.00 Uhr unser Wecker ging – für die Fährfahrt nach Vancouver Island.
Der Tag begann neblig, aber als der Nebel sich verzog, hatten wir blauen Himmel und Sonnenschein 😊 beste Voraussetzung für die Fahrt durch den südlichsten Teil der Inside Passage.
Es war ein Genuss!
Stundenlang standen wir an Deck in der Sonne und wurden mit dem Blick auf die Fjorde, Wasserfälle und einer unberührten Natur belohnt.
Und wir bekamen unsere ersten Buckelwale zu sehen.
Die meisten waren zwar weit entfernt, aber trotzdem waren wir total begeistert und freuten uns über jeden Blast
Spät nachts kamen wir in Port Hardy an und stellten uns beim Visitor Center zum Schlafen hin.
Gegen Mittag gings bei strahlendem Sonnenschein weiter ganz in den Nordwesten der Insel in den Cape Scott Provincial Park.
Hierhin führt nur eine grobe, mit tiefen Schlaglöchern übersäte Gravelroad mitten durch den Wald, oder was davon übrig war.
Wir hatten den Tipp bekommen, dass es hier im äußersten Winkel der Insel besonders schön sein sollte und andere Mitreisende, die wir unterwegs immer mal wieder getroffen hatten, wollten wir hier treffen.
Also ließ Uli noch ein bisschen Luft aus den Reifen und danach war das Geschaukel und Gehüpfe besser zu ertragen.
Unterwegs sahen wir eine Bärin mit ihren beiden Jungen die Straße überqueren.
Es dauerte einige Zeit bis wir endlich am San Josef Bay Trail ankamen.
Vorher passierten wir leider viel zu viele Stellen, an denen der Wald radikal abgeholzt war. Wir befanden uns hier oben nämlich in einem Gebiet, in dem der (außertropische) Regenwald bereits fast zu 50 % abgeholzt wurde und riesige, kahle Flächen der Erosion zum Opfer fallen. Aber die mächtigen Holzkonzerne sind hier wichtige Arbeitgeber und die Holzindustrie ist neben dem Öl und Gas der wichtigste Export- und Wirtschaftsfaktor Kanadas.
Für uns ging es dann zu Fuß weiter, gute 2,5 km auf dem sehr gepflegten Trail, mitten durch den noch erhaltenen Regenwald des Provincial Park.
Uns war nicht bewusst, dass es in Kanada überhaupt Regenwald gab.
Hier wuchsen riesige, mehrere hundert Jahre alte Douglasien und Rotzedern.
Abgestorbene und umgestürzte Baumriesen wurden als Wirt für neue Bäume und andere Pflanzen genutzt.
Hier wucherten Farne und diese Riesenblattpflanze, deren Namen wir immer noch nicht wissen.
Flechten und Moos ließen manche Bäume wie verkleidet aussehen.
Es war mal wieder fantastisch und wir waren total begeistert von der Wildheit des Waldes.
Übrigens soll es hier neben Bären auch noch Pumas und Wölfe geben.
Wir hatten diesmal unser Bärenspray dabei, waren aber nicht unglücklich, keinem dieser Tiere auf dem Trail begegnet zu sein.
Nach den 2,5 km öffnete sich plötzlich der Wald und wir kamen an einen Strand - breit, feinsandig, menschenleer und wunderschön eingerahmt von Felsen und Klippen.
Es war fast zu schön um wahr zu sein und dass, wo hier normalerweise tagelang orkanartige Regenstürme toben.
Wir unternahmen einen ausgedehnten Strandspaziergang und trafen auf dem Rückweg Maja & Tobi, die wir über gemeinsame Freunde in Bremen und Karlsruhe „kennengelernt“ hatten.
Die beiden empfahlen uns noch weitere Trails und Strände, die wir in den folgenden Tagen anfahren wollten.
Sie blieben über Nacht im Zelt am Strand und wir überlegten ganz kurz, es ihnen nachzumachen...
Für uns ging es dann aber doch durch den Regenwald wieder zurück und wir trafen noch Judith & Arthur die ebenfalls am Strand zelten wollten.
Wir verabredeten uns für den nächsten Tag und versprachen die Nacht auf „Yoda“ aufzupassen.
Am nächsten Morgen fuhren wir mehr als 30 km zur Raft Cove, die sich aber zogen, weil der Straßenzustand noch schlimmer war, als am Tag zuvor.
Auch hier gab es einen Trail durch den Regenwald zu einem Traumstrand. Nur das dieser Trail nicht gepflegt war und wir uns durch das Dickicht über Baumstämme, glatte Wurzeln und durch matschige Abschnitte kämpften. Es machte aber riesig Spaß und als wir endlich am Strand ankamen wurden wir mit einem Traumstrand belohnt.
Da es sehr warm war, fast schon Richtung heiß, hatte ich davon geträumt im Pazifik zu baden. Mutig bin ich mit meinen Füßen ins Wasser, zog sie aber ganz schnell wieder raus – das Wasser war eiskalt und an baden, zumindest ohne Neoprenanzug, war nicht zu denken.
Wir verbrachten den Tag mit spazieren gehen am Strand, lesen und schnitzen, gucken und genießen – wie im Urlaub!
Irgendwann kamen auch Judith & Arthur, die auch diese Nacht wieder im Zelt am Strand verbringen wollten. Wir passten also wieder auf Yoda auf, was aber nicht schwierig war, da wir die einzigen weit und breit in diesem Wald waren.
Gemeinsam fuhren wir am nächsten Tag zur Grant Bay. Hier gab es einen 400 m Trail zum Strand, der aber längst nicht so spektakulär war wie die anderen beiden.
Der Strand war auch kleiner, aber reichte für einen Strandspaziergang, Muscheln suchen und sitzen in einer „Treibholzsitzecke“.
Dann stand der kleine Ort Telegraph Cove an der Ostküste am Ende einer geteerten Stichstraße auf dem Programm.
Die bunten, auf Stelzen ins Wasser gebauten Häuser stehen rund um den kleinen, geschützten Hafen.
Der niedliche und beschauliche Ort ist Ausgangspunkt für Whale Watching Touren.
In der Nähe, nämlich in der Johnstone Strait leben permanent rund 200 Orcas und mit etwas Glück kann man auch Buckelwale sehen, auf ihrem Weg zurück von Alaska nach Hawaii oder Mexiko.
Am nächsten Tag versuchten wir unser Glück und starteten bei bestem, aber frischem Wetter unsere gebuchte Tour.
Zunächst gab es nur die possierlichen Fischotter zu sehen. Aber dann entdeckte unser Kapitän die Fontänen der ausatmenden Buckelwale, den Blast.
Es war atemberaubend schön den Walen zuzusehen, wie sie ihre Fluken auf das Wasser klatschen ließen.
Wir hatten sogar das Glück, zwei Wale zu sehen, die aus dem Wasser raussprangen und mit einem gewaltigen Klatscher wieder im Meer landeten.
Dann kam See Nebel auf und wir sahen nichts mehr – hörten nur noch die Geräusche der Wale, den Blast und das Klatschen der Fluken auf das Wasser.
Wir drehten bei und umfuhren eine Insel, bis die Sonne wieder zum Vorschein kam.
In dieser Ecke zwischen den Inseln leben die Orcas in Familienverbänden.
Und tatsächlich, wir bekamen zwei dieser Familien zu sehen. Unser Schiff fuhr eine Zeitlang neben einer Familie her, Eltern mit einem Kalb. Aber Orcas tauchen nur zum atmen hin und wieder auf und sie zeigten nicht viel mehr als ihr Rückflossen.
Nachdem wir noch zwei riesige Kreuzfahrtschiffe passiert hatten, die so gar nicht ins Bild passten, ging es zurück zum Hafen.
Den Abend ging es noch weiter an der Ostküste südwärts und wir übernachteten nach einer 30 km Gravelroadfahrt durch das Gebiet der Holzindustrie direkt am Meer an der Naka Creek Recreation Site.
In diesen Recreation Sites gibt es fast immer Picknicktische, Toiletten (ohne Wasser) und Feuerstellen und man kann kostenlos übernachten.
Dieser hier war total abgelegen, wunderschön und wir hatten nur zwei Nachbarn in großer Entfernung.
Wir blieben gleich zwei Nächte und machten mal wieder einen Tag „Urlaub“, genossen den Strand und den Blick übers Wasser auf die gegenüberliegende Insel und hielten, leider vergeblich, Ausschau nach weiteren Walen.
Und dann sollte es endlich nach Tofino gehen, der Sehnsuchtsort vieler Kanadier, an der Westküste gelegen und als Surfspott bekannt.
Schon in Calgary wurde uns Tofino ans Herz gelegt.
Wir hatten über den Sommer aber schon mitbekommen, dass Tofino sehr überfüllt und überteuert sei – wir waren gespannt.
Als erstes fuhren wir aber den kleinen Ort Ucluelet an, im Grund „links“ rum, wenn man vom Highway kommt, statt „rechts“ rum.
Auch hier hatte gefühlt jedes Auto ein Surfbrett auf dem Dach, oder hinten auf der Pritsche der Pickups.
Ucluelet machte einen sehr hübschen und gepflegten Eindruck.
Hier wuchsen zu meiner Begeisterung sogar Fächerpalmen!
Wenn da nur nicht überall die Schilder „no overnight parking“ und „no camping“ gewesen wären…
Campingplätze gibt’s hier natürlich auch, aber 89,00 C$, also fast 67,00 € für einen Stellplatz ohne Toilette oder Dusche wollten wir einfach nicht bezahlen.
Die nur unwesentlich günstigeren Plätze im Nationalpark waren alle ausgebucht.
Das hat uns richtig geärgert. Diese Abzocke wollten wir nicht mitmachen und so sind wir in Ucluelet nur „schnell“ den Lighthouse Trail gegangen, der schön die Küste entlang ging und wir den Blick auf den offenen Pazifik mit seinen vorgelagerten Inseln hatten.
Danach fuhren wir auf einer Forststraße ein Stück in den Wald und übernachteten dort – mit einigen anderen, die ebenfalls keine Lust auf diese Fantasiepreise hatten.
Am nächsten Morgen machten wir einen ausgiebigen Strandspaziergang am 20 km langen Long Beach.
Es war richtig herrlich, wolkenloser Himmel, wenig Leute unterwegs - nur schade, dass das Wasser so kalt war, dass an baden in der hohen Brandung nicht zu denken war.
Mittags wollten wir uns dann endlich Tofino angucken, aber da für unser Verhältnis richtig viel Verkehr war und viel zu wenig Parkmöglichkeiten für große Fahrzeuge, machten wir kehrt und verzichteten auf einen Bummel durch den Ort.
Wir fuhren lieber wieder an den Strand, diesmal an den Abschnitt, wo die Surfer waren und beobachteten diese, wie sie mit dicken Neoprenanzügen dem 10 Grad kalten Wasser trotzten und auf die perfekte Welle warteten.
Als die Sonne so langsam untergehen wollte, sind wir wieder in den Wald abgetaucht und haben dort eine weitere, ruhige und kostenfreie Nacht verbracht.
Danach ging es wieder zurück an die Ostküste, aber wir merkten recht bald – je weiter wir südlicher kamen, desto größer wurden die Ortschaften und das Freistehen wurde immer schwieriger.
Eine Nacht standen wir kostenlos in Chemainus auf einem Wohnmobilparkplatz und hier störte es niemanden, dass wir und einige andere Camper einfach über Nacht blieben.
Chemainus hat sich bekannt und interessant gemacht durch ca. 40 Murals, das sind Wandmalereien auf Häusern und Geschäften.
Man folgt hier einfach gelben Fußabdrücken durch den ganzen (kleinen) Ort und kommt so von Gemälde zu Gemälde.
Sie hatten die frühere Besiedlung, Schifffahrt, Holzindustrie und Alltagsszenen zum Thema, aber es gab auch wunderschöne First Nation Motive.
Dieser schöne, kleine Ort hatte uns richtig gut gefallen – das mag auch mit an dem Besuch der Brauerei mit einem Biertasting bei Livemusik und Tanz gelegen haben 😉
Über Duncan, hier folgt man ebenfalls gelben Fußabdrücken und kommt von einem Totempfahl zum nächsten, fuhren wir schließlich nach Victoria, der Hauptstadt von British Columbia ganz im Süden der Insel.
Die Stadt mit seinen 370.000 Einwohnern, stolz darauf englischer zu sein, als die Engländer, machte mit seinen Häusern im Tudorstil einen richtig tollen Eindruck auf uns.
Dazu beigetragen hat auch Andreas von Expeditionupfitter (ehemals Totalcomposites), bei dem wir mitten in der Stadt auf dem Firmengelände übernachten durften - wir kannten uns bis dahin nur über Instagram – ganz herzlichen Dank nochmal dafür Andreas & Katie!
Mit dem Fahrrad sind wir von dort aus in knapp 10 Minuten in Downtown gewesen und haben uns dann zu Fuß auf in die Stadt gemacht. Zufällig fand am Parlament gerade so etwas wie eine Vereidigung statt, mit Dudelsackmusik, Märschen und schicken Uniformen.
Auch auf dem Wasser des Inner Harbour herrschte reges Treiben von großen und kleinen Schiffen, den kleinen, rundlichen Wassertaxen und ständig starteten oder landeten Wasserflugzeuge.
Am Fishermens Wharf schaukelten bunte Hausboote auf dem Wasser und da das Wetter immer noch richtig sommerlich war, war in den Restaurants und Fish’n Chips Buden dazwischen richtig viel los.
In Victoria befindet sich außerdem das erste Chinatown Kanadas und wir gelangten durch ein farbenprächtiges Glückstor in eine komplett andere Welt mit anderer Sprache, fremden Schriftzeichen, Gerüchen und chinesischen Geschäften.
Nach zwei Nächten mussten wir schweren Herzens die Insel mit der Fähre verlassen, weil so langsam die Uhr unseres sechsmonatigen Visums immer lauter tickte.
Aber es stand uns ja noch DAS Kanada Highlight bevor – Vancouver.
In Terrace hatten wir ja vor Wochen Karen aus Vancouver kennengelernt.
Sie kam damals mit einer Freundin vom fischen (!), sah unseren Unimog und sprach uns begeistert und neugierig an.
Wir unterhielten uns eine ganze Weile und am Ende hatten wir ihre Telefonnummer und das Angebot, bei ihr vor dem Haus übernachten zu dürfen, wenn wir nach Vancouver kämen.
Gesagt und nach kurzer Rückfrage getan. Besser als in West Vancouver, oben am Berg mit fantastischer Aussicht auf die Bucht, Downtown und Vancouver Island kann man kaum wohnen – thanks a lot Karen!
Allerdings haben wir auch Vancouver mit unseren Fahrrädern erkundet und das abendliche bergauf fahren, mit einer Steigung von zum Teil 22 - 23 % hat uns jedes Mal fix und fertig gemacht.
Vancouver mit seinen mehr als 2,3 Mio. Einwohnern halten viele für die schönste Stadt an der Westküste Nordamerikas und tatsächlich, die Lage zwischen Meer und Bergen ist schon einzigartig und begeisterte uns auch total.
Am ersten Tag ging es über die Lions Gate Bridge in den 400 ha großen Stanley Park, dem größten Stadtpark Nordamerikas. Dieser liegt auf einer Halbinsel mit ursprünglichen Wäldern, Seen, schönen Stränden und unzähligen Wander- und Fahrradwegen.
Im Anschluss daran fuhren wir über den schönen Yachthafen nach Downtown mit seinen beeindruckenden blau oder grün schimmernden, gläsernen Hochhausfassaden.
Der Kreativität werden hier offenbar keine Grenzen gesetzt...
Von Gastown mit seiner berühmten Steam Clock, einer dampfbetriebenen Uhr, die alle 15 Minuten die Uhrzeit mit Pfeifen angibt, ging es weiter durch ein farbenfrohes Pagodentor nach Chinatown.
In Vancouver leben mehr als 100.000 Chinesen über die ganze Stadt verstreut. Chinatown selbst ist nur mehr ein kunterbuntes, quirliges Geschäftsviertel mit exotischen Läden und Märkten.
In Downtown bewunderten wir noch die Bücherei, die dem Kolosseum in Rom nachgebaut wurde, sowie die unzähligen, außergewöhnlichen Glaspaläste, die allerdings längst nicht so hoch wie in anderen Städten sind.
Zurück ging es wieder am Hafen entlang, durch den Stanley Park, über die Brücke und dann den Berg hoch nach West Vancouver- abends waren wir platt!
Am zweiten Tag streiften wir auf unserer Radtour Chinatown erneut, offenbar ein paar Straßen weiter und wir waren plötzlich nur noch von „abgerissenen“ Obdachlosen umgeben.
Wir sahen dann auch unzählige Zelte auf den Gehwegen, die ganze Straße entlang, in denen sie offenbar lebten.
Ziemlich erschrocken und entsetzt änderten wir unsere Richtung und tauchten wieder in angenehmere Stadtteile ein. Trotzdem machte uns das Gesehene nachdenklich und wir fragten uns, was alles passieren muss, dass ein Mensch so erbärmlich lebt?
Vorher waren wir aber noch auf der Granville Halbinsel mit seinem quirligem Einkaufs- und Kulturviertel und sind dann auf der Seaside Bike Route weiter geradelt.
Im Hafen entdeckten wir kurze Zeit später als krasses Gegenprogramm ein wirklich riesiges Kreuzfahrtschiff, auf das 4.180 Passagiere passen, gebaut auf der Meyerwerft in Papenburg. Diese Art des Reisens muss man mögen…
Über Downtown verabschiedeten wir uns so langsam von Vancouver, denn wie oben bereits geschrieben, unser erstes halbes Jahr ist rum - kaum zu fassen!
Es wurde Herbst in Kanada - gestartet waren wir im Frühling, der sich oft wie Winter anfühlte.
Wir haben noch ein bisschen was zu erledigen hier und dann geht es in den nächsten Tagen über die Grenze in die USA - die Reise geht weiter 😎